Brachter Mühle

Die Geschichte der Brachter Mühle

Bereits 1855 hatten die Bürger Johann Erckens und Josef Thoer an der Brüggener Straße diese Turmwindmühle errichtet, am höchsten Punkt, der 96 Fuß über dem Erdboden lag und von einem Erdwall umgeben war.

An windstillen Tagen wurde die Mühle von einem „Dampflokmobil“ in Gang gesetzt, erst 1913 konnte sie auch elektrisch bedient werden.










Zunächst haben die Erbauer die Mühle selbst bewirtschaftet, ab etwa 1875 verpachteten sie das Unternehmen an den Müller Julius Jülicher. 1895 ging die Mühle in den Besitz von Peter Hiep über. Hiep gelang es, seinen neuen Besitz alsbald in Alkohol umzusetzen.

Die Folge war eine Bekanntmachung im Breyeller Wochenblatt vom 11. April 1903, dass das Grundstück „mit aufstehender Windmühle, Kesselhaus und Dampfmühle“ versteigert werde. Neuer Eigentümer wurde der Niederländer Johann Oude Hengel, der es vom Hütejungen zum Müller gebracht hatte. Schon vorher hatte er dem Peter Hiep 15.000 Mark geboten, wurde aber abgewiesen. Hieps Torheit war das Glück von Oude Hengel, denn der erhielt den Zuschlag für 10.000 Mark.

Der Windmahlbetrieb lief bis 1925. Dann ging bei einem Sturm ein Flügel zu Bruch. Oude Hengel ersetzt diesen nicht mehr, sondern verkaufte gleich den anderen eisernen Flügel nach Walbeck.

Auch von dieser Mühle gibt es tragisches zu berichten. Der Müller Jülicher hatte bereits einen kleinen Jungen verloren, der dem Flügel zu nahe gekommen war. Am 7. Mai 1910 meldete die Zeitung, dass der dreijährige Engelbert Heines in einem unbewachten Augenblick den Mühlenberg erklettert hatte und von einem Mühlenflügel so unglücklich am Kopf getroffen wurde, dass er bewusstlos ins Elternhaus getragen wurde und noch am gleichen Abend gestorben sei.

Als etwa 1925 die Mühle gänzlich auf Elektroantrieb umgebaut wurde, wurden auch die Antriebselemente der Windräder, wie Stirnrad und Königswelle sowie der Mahlsteinantrieb aus der Mühle entfernt. Später wurde auch die drehbare Haube durch ein einfaches Dach ausgetauscht. Einige Elemente der drehbaren Haube sind auf dem Kappenboden noch zu sehen. Der Ringbalken, auf dem sich die Haube über Rollen drehte, ist noch vorhanden. Die Mahlsteine wurden seitdem von unten angetrieben, wie im Erdgeschoß zu besichtigen ist.

Von nun an wurde die Mühle nur noch mit elektrischem Strom angetrieben, und zwar bis etwa 1970. Dann verlegte sich Oude Hengel nur noch auf den Baustoffhandel, den er schon vorher als „zweites Bein“ mit hinzugenommen hatte.

Die Oude Hengels haben auf diesem Gelände neben dem Landwirtschaftsbedarfshandel und Baustoffhandel auch Tennismehl gemahlen haben, jedoch nicht mit dieser Turmwindmühle, sondern mit einer eigens dafür erstellten Hammermühle, die hinter der Lagerhalle seinen Platz gehabt hat. Diese Mühle wurde dann an eine andere Stelle verlagert, insbesondere wegen der nahen Wohnhäuser. Ende der 1990er Jahre siedelte Oude Hengel in einen neu errichteten Baumarkt an der B221 zwischen Bracht und Brüggen um, da die Lagermöglichkeiten und die Ausstellungsräume den heutigen Anforderungen nicht mehr gewachsen waren.

Das Grundstück mit Wohnhaus, Mühle und Nebengebäude hat die Gemeinde Brüggen im Jahre 2002 erworben. Die Brachter Mühle sollt als ein Wahrzeichen von Bracht zu einem Mühlen- und Heimatmuseum renoviert und eingerichtet werden.

Im November 2003 wurde der „Trägerverein Heimatmuseum Brachter Mühle e. V.“ gegründet, der den Betrieb des Museums übernehmen soll. Bis es zu einem vorzeigewürdigen Museum kommt, ist noch einige Arbeit zu erledigen. Die Mauerwerkssanierung am Mühlenturm wurden Mitte 2005 begonnen und konnten bis Anfang 2006 erledigt werden. Unvorhersehbare Probleme bereitete das Turmmauerwerk, das auf der Westseite, der Schlagseite, durch Oude Hengel mit einer Putzschicht versehen war. Dieser Putz hatte nicht den gleichen Ausdehnungskoeffizienten wie das sich darunter befindliche Mauerwerk. Folge war, dass sich der Putz nach außen ausdehnte und dabei die äußere Mauerschicht „mitnahm“ und eine „Luftschicht“ von ca. 10 cm erzeugte. Das Mauerwerk in diesem Bereich musste gänzlich entfernt und neu aufgebaut werden.

Dadurch, dass das Mauerwerk „nicht wasser-dicht“ war, sind die Köpfe der Holzbalken, die in das Mauerwerk ragen, völlig vermodert. Die Balken mussten mit Stützbalken unterfangen werden, was deutlich auf dem Mahlboden und darüber zu sehen ist.

Die Gemeinde Brüggen als Eigentümer der Mühle hat das Turmmauerwerk von Innen und Außen recht aufwendig sanieren lassen, Kosten hierfür etwa 160 T Euro.

Die Stiftung NRW hat für die Sanierung des Mahlwerks und der Mühlenmaschinen einen Zuschuss in Höhe von 80 T Euro zur Verfügung gestellt, mit der Auflage, dass die Gemeinde Brüggen hierzu ebenfalls 40 T Euro dazu tun muss und für etwa 35 T Euro Eigenleistungen durch die Mitglieder des Trägervereins erbracht werden müssen

Die Mahlwerkssanierung, die von der Firma Groot Weseldijk aus Lochem/NL durchgeführt wurde, ist nahezu abgeschlossen. Die einzelnen „Nebenmaschinen“ der Mühle, wie der Triör, die Reinigungsmaschinen, die Haferquetsche und der Elevator wurde demontiert und nach Lochem geschafft. Diese Maschinen sind bereits wieder zurück und wieder an Ort und Stelle montiert. Die Balken der Mahlsteinaufhängungen mussten ebenfalls erneuert werden, weil die Balken auch im Mauerwerk morsch waren. Die Antriebswellen der Mahlsteine sind überarbeitet worden.

Der Antriebsmotor der Mühle, aus einem Sägewerk stammend und bei der Firma Groot Wesseldijk überprüft und aufgearbeitet, wurde aufgestellt und mit einer Steuerung versehen, mit der man die Drehzahl des Motors stufenlos steuern kann. Dadurch ist es möglich, bei Vorführungen die Mühle langsam laufen zu lassen. Die Mühle ist wieder „mahlfertig“ gemacht worden. Der mechanische Sackaufzug ist fast wieder fertiggestellt, somit kann man wieder, wie es früher üblich war, Getreidesäcke bis zum Kappenboden befördern.

Die Luken des Sackaufzuges und die Fußböden des Mahlbodens und des Kappenbodens wurden durch Mitglieder des „Mühlenvereins“ erneuert bzw. ausgebessert. Alle Holzteile in der Mühle wurden gereinigt, abgeschliffen und mit Holzschutz imprägniert und anschließend mit Leinöl gestrichen.

Weitere Arbeiten wurden ebenfalls schon von Vereinsmitgliedern erledigt: Entfernen alter Bretter und Säcke sowie anderer Schrott, der sich im Laufe der Zeit angesammelt hatte. Die Gerüstlöcher wurden mit Balken und Blenden verschlossen, alle Eisenträger wurden entrostet und gestrichen.

Die Elektroinstallation wurde in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Handwerker mit viel Eigenarbeit erneuert. Hierzu zählen auch das Anbringen von Innen- und Außen-Beleuchtungen, Erneuerung der Hallen- und Mühlenbeleuchtung sowie der Nebenräume. Ein Durchbruch zu dem Vorraum, in dem die vorhandene Toilettenanlage erweitert worden ist, wurde durch Mitglieder erstellt und eine feuerfeste Tür eingebaut. Es wurde ein neuer Abwasseranschluss an das Kanalnetz des Neubaugebietes verlegt. Für das Regenwasser, das von den Dächern der Mühlengebäude kommt, wurde ein Sickerschacht gebaut. 

In der ehemaligen Garage wurde eine Werkstatt eingerichtet, in der Reparaturen durchgeführt werden können. Die Halle wurde innen und außen komplett angestrichen – bei den Raumhöhen eine recht ungewohnte Arbeit für die Vereinsmitglieder.

Das Bauamt des Kreise Viersen prüfte die Mühle hinsichtlich des Brandschutzes und stellte einige Forderungen auf, die es hieß, zu erfüllen. Die Decken in der Halle, im Mühlen-Cafe und im Toilettenbereich mussten mit Rigipsplatten verkleidet werden, Rauchmelder mussten angebracht werden. Ein zweiter Rettungsweg musste erstellt werden. Hierzu musste ein Mauerdurchbruch im Turm in der zweiten Etage erstellt werden um von da aus über eine Stahltreppe im Brandfalle die Mühle verlassen zu können. Diese Außentreppe ist einmalig bei Mühlen gleicher Art und hat etwa 30 Tausend Euro verschlungen. Die Mühle mit den Nebenräumen wurde in einzelne Brandabschnitte aufgeteilt, zwischen denen feuergeschützte Wände und Türen eingebaut werden mussten. An bestimmten Stellen wurden Feuerlöscher mit entsprechenden Hinweisschildern angebracht. Ebenso wurden Lampen mit Hinweisschildern für die Notausgänge angebracht.

Insgesamt wurden für die Renovierungsmaßnahmen und Reparaturen von der Gemeinde Brüggen etwa 350 T Euro aufgebracht, der Zuschuss der NRW-Stiftung beträgt 80 T Euro, ungezählt sind die Stunden der freiwilligen Mitglieder und Helfer, die sich bislang auf etwa 2.500 Stunden belaufen. Viele Handwerker und Bürger haben durch gute Ratschläge und Tips und tatkräftige Hilfe zu dem Gelingen der Maßnahmen beigetragen, indem sie aufgeschlossen den Gedanken, für Brüggen-Bracht ein Wahrzeichen zu schaffen, auf ihre Weise mitgeholfen haben.

Das Umfeld der Mühle muss saniert werden und dem umliegenden Wohngebiet angepasst werden. Hierzu sind 200 T Euro beantragt worden, die von Rat der Gemeinde noch bewilligt werden müssen.

Das aufzubauende Museum soll auf folgende Schwerpunkte ausgerichtete werden:

  1. Mühle in funktionsfähigem Zustand
  2. Dokumentation und Ausstellung der heimischen Dachziegel- und Tonwarenindustrie
  3. Dokumentation und Ausstellung der heimischen Landwirtschaft
  4. Wechselausstellungen mit Fotos und Werken Brüggener Persönlichkeiten aus der Vergangenheit, wie Bischof Hermann Dingelstadt, der Maler und Kupferstecher Hendrick Goltzius, der Dichter Leonhard Jansen und viele mehr.
Eine Dauerausstellung der Dachziegelindustrie ist bereits im Keller neben dem Eingangstor der Mühle aufgebaut worden. Exponate der Haus- und Landwirtschaft wurden währen der Bauarbeiten auf der Empore zwischengelagert. Diese werden nach Abschluss der Renovierungsarbeiten am Mahlwerk wieder in den Seitengängen der Mühle untergebracht. Hierfür konnten schon einige Vitrinen „ergattert“ werden, die auch noch „aufgemöbelt“ werden müssen.

Drei Maschinen zum Bau von landwirtschaftlichen Maschinen wurden dem Trägerverein bereits geschenkt, diese werden in der Halle an der rückwärtigen Wand aufgestellt. Die Ziegeleimaschinen, die derzeit noch in der Halle stehen, werden letztendlich unter einem noch zu erstellenden Dach im Außenbereich der Mühle aufgebaut.

Jährlich zur Herbstkirmes in Bracht, am Sonntag vor dem zweiten Montag im Oktober veranstaltet der Trägerverein ein Mühlenfest, quasi als einen Tag der offenen Tür, wo neben der Dauerausstellung möglichst zusätzlich Exponate zu einem besonderen Thema zur Ausstellung gelangen. In den letzten Jahren waren das z. B. Miniaturen von Landwirtschafts-Maschinen von Johannes Bongartz oder eine Steinesammlung von Michael Boerenkamp. Außerdem gehört eine Fotoausstellung, die von dem Heimatforscher Walter Feyen zu einem bestimmten Thema zusammengestellt wird, zu einem festen Bestandteil des Mühlenfestes. Das Mühlenfest wird durch Darbietungen der örtlichen kulturtreibenden Vereine mit Gesang und Musik begleitet. Für das leibliche Wohl ist durch einen Getränkestand, einen Imbissstand und dem Mühlen-Cafe gesorgt, außerdem wird an Ort und Stelle Brot gebacken, das man kaufen kann.

Der Erlös aus diesen Mühlenfesten fließt in die Renovierungskosten für das Museum, wie auch schon die Mitgliedsbeiträge. Manche Sponsoren unterstützen den Verein auf dem Weg zu einem attraktivem Museum und Mühle. In den ehemaligen Verwaltungsräumen der Firma Oude Hengel wurde ein Zeitungs- und Schriftenarchiv untergebracht. Die Kinder des Heimatforschers Hans Wolters schenkten der Gemeinde Brüggen die von ihm gesammelten Zeitungen und Schriften. Die Lokalteile der „Rheinischen Post“, die bedeutendste Tageszeitung in Kreis Viersen seit 1959 und die Ausgaben der Wochenzeitung „Grenzland Kurier“ seit 1969 liegen fast lückenlos in dem Archiv.

Rolf Jansen, der beruflich mit EDV zu tun hatte, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Zeitungsartikel aus dem Ort Brüggen elektronisch zu erfassen. Mit einer Standartsoftware „ELOoffice“, einem Scanner und einer PC-Anlage werden die Artikel gescannt und verschlagwortet. Mit der Software ist eine Volltextrecherche möglich, das heißt, dass man nach Namen oder Begriffen innerhalb der Artikeltexte suchen kann, die Verschlagwortung ermöglicht die Suche nach katalogisierten Ordnungsbegriffen wie Vereinen, Institutionen und Veranstaltungen innerhalb bestimmter Zeitfenster. Bisher sind die letzten fünf Jahre nahezu vollständig verarbeitet, die laufenden Zeitungen werden weiterhin eingescannt und die weiteren Ausgaben aus der Vergangenheit werden ebenfalls nach und nach erfasst.

Die umfangreichen Aufsätze des Heimatforschers Hans Wolters werden ebenfalls elektronisch aufbereitet, sodass diese für Nachforschungen und Veröffentlichungen leichter benutzt werden können.

Im Sommer wird die Mühle zur Besichtigung an den ersten Sonntagen in den Monaten Mai bis September geöffnet sein. Dann finden auch zu entsprechenden Uhrzeiten Führungen durch die Mühle statt.
Rolf Jansen